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: Da ist er gegangen

Warum der Manager und Trainer von Format aus freien Stücken seinen Fußballklub verlässt – ein Trendbericht

Der Trend ist eindeutig. Trainer und Manager der Fußball-Bundesliga werden nicht mehr gegangen. Dieses Prozedere ist alt und obsolet. Auf dem freien Fußballmarkt bewegt sich der mündige Vertragspartner, ausgerüstet mit einem feinen Sensorium für Hochs und Tiefs, für drohendes Unheil und abrupte Stimmungsschwankungen. Sinkt der Stern des mündigen Machers, dann entgeht ihm dieses Schauspiel nicht. Schon provoziert der Trainer respektive Manager seinen Abgang, beschleunigt die Demission oder löst am besten gleich selbst seinen Vertrag auf. Man lässt sich heutzutage nicht mehr überrumpeln.

Die Ausdauerdisziplin des Aussitzens hat in Politik und Sport keine Anhänger mehr. Die neuen Macher sind belesen und sagen sich nach dem Studium der Werke Erich Kästners: „Was auch immer geschieht, nie dürft ihr so tief sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken.“ Zuletzt hat sich Andreas Rettig, Manager des 1. FC Köln, geweigert, ein Bad in dieser Brühe zu nehmen, in der verschiedene Ingredienzien verrührt sind, darunter eine besonders ätzende Zutat: die Sportseiten des Kölner Express. Rettig hat immer mal wieder Lackmuspapier in die Lurke gehalten und festgestellt, dass sich der pH-Wert drastisch verändert hat. Die Signalfarbe Rot war zuletzt nur noch zu sehen. Da ist Rettig gegangen. Hat, wie es so schön heißt, Verantwortung übernommen – und die Getränkeannahme verweigert. Deswegen wird seine Entscheidung, die er nach dem zigsten sieglosen Spiel der Kölner traf, allenthalben mit dem Attribut „honorig“ bedacht.

Vielleicht hat Andreas Rettig sich wirklich vor den Trainer stellen wollen, vor Uwe Rapolder. Genützt hat es nichts. Keine 24 Stunden später ging auch er – mehr oder weniger aus eigenem Antrieb. Zumindest ohne Druck. Denn diesen Druck, das wissen wir seit dem Skilangläufer Axel Teichmann, gibt es nicht; nur frühmorgens, wenn die Blase sich meldet, gibt es ihn.

Den Druck von oben hat auch Ralf Rangnick nicht gespürt. Als Trainer des FC Schalke hat er nicht nur mündig, sondern auch noch emotional gehandelt. Rangnick hat sich jüngst nicht nur dazu hinreißen lassen, über Vertragsinterna zu plaudern – in leicht indigniertem Ton – sondern er ließ sich auch noch von einer inneren Stimme zu diversen jobverkürzenden Ehrenrunden überreden. Das hatte Format.

Da zeigte sich der Typus des neuen Trainers, der nicht mehr nur braver Angestellter ist. Angestellt sind sie jetzt alle nicht mehr, Ralf Rangnick und Andreas Rettig und Uwe Rapolder. Aber das hat wohl auch sein Gutes. Sie machen sich nicht mehr schmutzig. Durch den Kakao gezogen werden nun andere. Dieses Spiel geht weiter. Selbst in der Winterpause. MARKUS VÖLKER